Auf den ersten Blick mögen die Steinblöcke des Aphaia Tempels unattraktiv, gar langweilig erscheinen, dabei sind sie von weitreichender bauhistorischer Relevanz, da sie zentrale Konstruktionsprinzipien des antiken Tempelbaus offenlegen. Die Steine zeugen davon, wie vor ca. 2500 der antike Tempel von Aphaia auf der Insel Ägina gebaut wurde.
Heute zählen die über die Terrassen der Tempelanlage verstreuten Baumaterialien zu den wenigen die seit der Antike erhalten sind. Nur wenige andere Steinblöcke können noch an ihren eigentlichen Bauorten vorgefunden werden. Auf dem folgenden Foto sieht man, das die Steine über den Säulen der östlichen Tempelterasse noch an Ort und Stelle platziert sind.
Vorsichtige Untersuchungen der Steinblöcke verschiedener Stätten in Griechenland zeigen die verschiedenen Methoden mit denen sie bewegt und in Position gehoben wurden. Dazu zählen Seile, spezielle Kranvorrichtungen und Zugsysteme. Die einfachste Methode zum Anheben war es, starke Seile um kleine Vorsprünge auf den Seitenflächen zu winden. Diese kleinen Vorsprünge, auch bekannt als „Ankonen“, können z. B. auf der Hinterwand des monumentalen Eingangstores der Akropolis gesehen werden. Es ist anzunehmen das die Handwerker, in ihrer Eile das Werk zu vollenden, davon abgesehen haben diese zu entfernen.
Auf anderen Blöcken wurden spezielle u-förmige Einlässe in die Seitenflächen geschlagen, während andere Quader tiefe Löcher in der Oberfläche aufweisen. Dies sind zwei effiziente Methoden um Seile einzufädeln und die Steine aufzuhängen.
Mithilfe einer Art Kran, wurden die schweren Blöcke bewegt und durch ein komplexes Zugsystem aus Seilwinden meterhoch platziert.
Während des 6. und 7. Jahrhunderts v.u.Z, war Ägina eine der mächtigsten Städte der griechischen Welt. Auch wenn das hellenistische Athen zur größten, komplexesten und reichsten Stadt Griechenlands wurde, konnte Äginas Seeflotte immer den ersten Platz für sich beanspruchen. Vom Schwarzen Meer bis nach Ägypten bestand ein regulärer Seehandel. Den Äiginern wird nachgesagt kommerzielle Handelsposten im Nil Delta betrieben und später Süd Italien besiedelt zu haben. Sie waren die ersten, die Münzprägung betrieben haben, während ihre Flotte die mächtigste im mediterranen Raum war. Ihren Kämpfern, so sagt man, seien die besten ganz Griechenlands gewesen.
Der Tempel von Aphaia wurde um 500 v.u.Z erbaut und gilt als einer der besterhaltenen Beispiele für die späte Archaische Architektur. Seine Proportionalität gilt als erstaunlich für die Epoche. Das verwendete Material ist hauptsächlich einheimischer Kalkstein, der mit einer feinen Schicht kykladischen Marmor verkleidet wurde. Heute liegt die Städte zwischen dichten Pinienwäldern auf einer Anhöhe antiker Terrassen und übersieht die Bucht von Athen. An diesem Ort schwingt immer auch ein Eindruck des antiken Reichtums und der technischen Fortschrittlichkeit der Insel mit.
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